Die Entdeckung der Tonkabohne
Die Tonkabohne wurde das erste Mal namentlich erwähnt im Jahr 1775, von dem französischen Wissenschaftler Jean Baptiste Christophe Fusée Aublet. Der Gelehrte wurde im Jahr auf die Insel Mauritius geschickt, um dort eine Apotheke und einen botanischen Garten aufzubauen. Er legte eine aufwendige Sammlung konservierter (meist getrockneter und gepresster) Pflanzen bzw. Pflanzenteile für wissenschaftliche Zwecke an. Dieses sogenannte Herbarium wird oftmals auch von Botanikliebhabern als Hobby angelegt. Anschliessend verfasste er ein umfassendes Werk zu den angepflanzten Gewächsen, indem auch die Tonkabohne erwähnt wurde. Um das Jahr 1820 entwickelte der Franzose Jean Baptiste Gaston Guibourt ein Verfahren, welches es im ermöglichte Cumarin aus der Tonkabohne zu gewinnen. Den Namen Cumarin lehnte er an den botanischen Pflanzennamen Coumarouna odorata an.
Der Baum aus dem Regenwald
Die Tonkabohne kommt aus dem Samen des sehr schnell wachsenden Tonkabaumes, welcher in der Karibik und Guayana beheimatet ist. Aufgrund der wachsenden Nachfrage verbreitete sich die Tonkabohne mehr und mehr. Viele Bauern in den südamerikanischen Ländern züchten diesen Baum, um die Tonkabohne weltweit zu verkaufen. Ursprünglich wurde der bis zu 30m hohe Baum für die Holzindustrie angebaut, da sein Holz einen markanten Farbmix aufweist. Dieser schillert in den Farben Orangerot bis Dunkelrot.
In der Botanik wird zwischen dem gemeinen- und dem kleinen Tonkabaum unterschieden. Im Handel werden Bohnen von beiden Bäumen angeboten. Die an den oberen Ästen wachsenden Früchten ähneln stark der Form einer Mango und fallen sobald sie reif sind zu Boden. Die Früchte haben eine lederartige Haut und wenig geschmackloses Fruchtfleisch. Der Kern wird entnommen und in Rum eingelegt, über mehrere Monate lang getrocknet, und zum Schluss fermentiert, damit der Cumaringehalt sinkt. Unbehandelte Tonkabohnen werden nicht zum Verkauf angeboten, zu hoch wäre der Cumaringehalt. Erst nach der aufwendigen Fermentierung sind die Tonkabohnen für den europäischen Handel zugelassen.
Heilmittel, Wunschbohne, Räucherwerk und Parfüm
Eingeborene Indianerstämme Venezuelas, Nordbrasiliens und Kolumbiens verwendeten Tonka-Extrakte aus den Bohnen oder der Rinde gegen Übelkeit, Ohrenschmerzen, Husten, Asthma, Krämpfe und als (Herz-) Stärkungsmittel. In Guyana tragen Eingeborene Tonkabohnen-Ketten um den Hals, einerseits als Schutz-Amulett gegen Krankheiten, andererseits wegen des Wohlgeruchs. Sie gilt auch als Wunschbohne und Glücksbringer. Südamerikanischen Urvölkern sagen den Bohnen ebenfalls eine erotisierende Wirkung nach. Im Portemonnaie verspricht sie Geldsegen. Sehr wahrscheinlich, weil der Samen bis in die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts ein legales Zahlungsmittel der Eingeborenen in Venezuela war. Das gelb-orange Öl, das aus den Tonkabohnen extrahiert wird, dient ebenfalls dazu Pfeifentabak zu aromatisieren. Auch bei Giorgio Armani und Yves Rocher sind hochwertige Tonkabohnen-Extrakte bei den Parfümherstellern sehr beliebt. Der schmeichelnde, balsamische Tonka-Geruch wird als Räucherwerk oder in Duftpotpourris sehr geschätzt. Kleine Mengen der Bohnen wirken harmonisierend, stimmungsaufhellend und beruhigend.
Cumarin aus der Tonkabohne in der Medizin
Cumarin und verwandte Wirkstoffe werden heute meist synthetisch hergestellt. Medikamente mit Cumarin werden nicht nur bei Patienten, die Schlaganfall gefährdet sind verschrieben, sondern sind auch generell von Interesse, um die Blutgerinnung nachhaltig zu beeinflussen. Im Zusammenhang mit Thrombosen und Embolien finden sie regelmässig Verwendung. Cumarin-Derivate weisen eine sehr hohe Ähnlichkeit zu Vitamin K auf und greifen infolgedessen aktiv in den Stoffwechsel des Körpers ein. Durch eine ärztlich kontrollierte Behandlung sollen Thromben im Vorhof des Herzens unterbunden werden. Das Risiko, einen Apoplex (Gehirnschlag) zu erleiden, senkt diese Massnahme ebenfalls.